
Indikationen für Herz / Kardiologie
Auf kardiologischem Gebiet können therapeutische Apherese-Techniken zur Behandlung einiger sehr anspruchsvoller und wichtiger klinischer Indikationen verwendet werden. Für manche Indikationen wurde die Wirksamkeit der therapeutischen Apherese bereits überzeugend nachgewiesen, für andere werden derzeit Studien durchgeführt. Mit der Lipoprotein-Apherese wurden die bei weitem umfangreichsten Erfahrungen gesammelt. Derweil ist der Einsatz der Immunadsorption zur Behandlung dilatativer Kardiomyopathie nach wie vor ein wichtiges Thema.
Hyperlipidämie
Herz-Kreislauf-Erkrankungen (HKE) sind die häufigste Todesursache bei Menschen unter 75 Jahren.1 Hypercholesterinämie und erhöhte Spiegel von Lipoprotein(a) [Lp(a)] sind zwei wesentliche HKE-Risikofaktoren. Bei familiärer Hypercholesterinämie (FH) und Hyper-Lp(a)-ämie handelt es sich um genetische Störungen, die durch hohe Blutspiegel von Low-Density-Lipoprotein-Cholesterin (LDL-C) und hohe Lp(a) gekennzeichnet sind und aufgrund verstärkter Atherosklerose zu frühen HKE-Ereignissen führen. Die Prävalenz homozygoter FH (HoFH) bewegt sich zwischen 1:160.000 und 1:300.000, die der heterozygoten Form (HeFH) zwischen 1:200 und 1:250.2 Gemäss den Leitlinien der European Society of Cardiology (ESC) und der European Atherosclerosis Society (EAS) liegen die Zielwerte bei Patienten mit sehr hohem HKE-Risiko für LDL-C unter 70 mg/dl (1,8 mmol/l) und für Lp(a) unter 50 mg/dl.3
Lipoprotein-Apherese ist die Behandlung der Wahl bei Patienten mit homozygoter bzw. schwerer Hypercholesterinämie und Hyper-Lp(a)-ämie, wenn sich diätetische Massnahmen und medikamentöse Behandlung als unzureichend erweisen, um die Zielwerte für LDL-C und Lp(a) zu erreichen. In solchen Fällen kann die Lipoprotein-Apherese das HKE-Risiko senken.
Dilatative Kardiomyopathie
Dilatative Kardiomyopathie (DCM) ist eine Erkrankung des Herzmuskels und führt dazu, dass das Herz seine Fähigkeit einbüsst, Blut effizient zu pumpen. Es handelt sich um eine der häufigsten Herzmuskelerkrankungen. Die Krankheitsursache ist bei ungefähr einem Viertel aller DCM-Fälle unklar (idiopathisch). Hinsichtlich dieser Fälle werden gegenwärtig Autoantikörper als Ursache diskutiert. Genauer gesagt, könnten die Autoantikörper, die sich gegen den β1-adrenergen Rezeptor richten, eine Rolle als Auslöser in der Pathogenese idiopathischer DCM spielen. In zahlreichen Studien zeigte sich bei mehr als 60 % der Patienten, die mit nur einer Reihe von fünf Immunadsorption-Sitzungen behandelt wurden, eine signifikante Verbesserung ihrer Herzleistung.4,5 Gegenwärtig wird in mehr als 20 europäischen Krankenhäusern eine multizentrische prospektive Studie durchgeführt, in der Immunadsorption als kausale Therapie autoimmuner DCM untersucht wird.
Chagas-Kardiomyopathie
Die Chagas-Krankheit wird durch den Parasiten Trypanosoma cruzi ausgelöst, den Insekten als Vektoren auf Tiere und Menschen übertragen. Von dieser Erkrankung, die vor allem auf dem amerikanischen Kontinent verbreitet ist, sind zwischen 16 und 18 Millionen Menschen betroffen. Nach der akuten Phase treten die meisten Infizierten in eine längere, asymptomatische Phase ein, in der nur wenige oder gar keine Parasiten im Blut nachgewiesen werden. Viele Patienten entwickeln möglicherweise ein Leben lang nie Chagas-bezogene Symptome. Jedoch treten bei schätzungsweise 20-30 % der Infizierten im Laufe des Lebens schwächende und mitunter lebensbedrohliche medizinische Probleme auf. Zu diesen Komplikationen können Herzrhythmusstörungen oder Chagas-Kardiomyopathie gehören. Letztere ist mit agonistischen Autoantikörper assoziiert, die mit dem IgG-Typ in Verbindung stehen.6 Immunadsorption mit GLOBAFFIN kann eine zusätzliche Option über die Standardtherapie hinaus bieten. Mit dieser Theorie beschäftigt sich derzeit eine klinische Untersuchung.
Andere Indikationen
Neben den erwähnten Indikationen sind auch die folgenden für den Einsatz von Adsorptionstechniken potenziell von Interesse:
- Diabetische Kardiomyopathie7
- Pulmonale Hypertonie8
1 European Cardiovascular Disease Statistics slide 1.2a and 1.2b, page 20; 2017 Edition; www.ehnheart.org; 07 April 2017
2 Catapano AL et al, Atherosclerosis Oct. 2016; 253: 281–344.
3 Nordestgaard BG et al, Lipoprotein(a): EAS Recommendations for Screening, Desirable Levels and Management, A Handbook for Clinicians, 2012.
4 Doesch et al, Effects of protein A immunoadsorption in patients with chronic dilated cardiomyopathy. Journal of Clinical Apheresis 2010; 25(6): 315–22.
5 Staudt et al, Fcγ-Receptor IIa Polymorphism and the Role of Immunoadsorption in Cardiac Dysfunction in Patients with Dilated Cardiomyopathy. Clinical Pharmacology & Therapeutics 2010; 87(4): 452–8.
6 Wallukat et al, Distinct patterns of autoantibodies against G-protein-coupled receptors in Chagas' cardiomyopathy and megacolon. Their potential impact for early risk assessment in asymptomatic Chagas' patients. Journal of the American College of Cardiology 2 February 2010; 55(5): 463–8.
7 Dandel et al, lmmunoadsorption can improve cardiac function in transplant candidates with non-ischemic dilated cardiomyopathy associated with diabetes mellitus. Atherosclerosis Supplements 2015; 18: 124–33.
8 Dandel et al, Immunoadsorption therapy for dilated cardiomyopathy and pulmonary arterial hypertension. Atherosclerosis Supplements 2013; 14: 203–11